Wir haben alles durch: In den 80ern das Binnen-I, heute den Doppelpunkt, das *-Sternchen, und morgen wahrscheinlich die KI-generierte Gender-Spline, die sich dynamisch um Wörter wickelt. Wobei das Sternchen für Programmierer schon ein massives Risiko darstellt – wer einmal SQL-Injection analysiert hat, bekommt beim Wort „Gendersternchen“ sofort innere Firewall-Alerts.
Und dann diese Ersatzbegriffe.
Der „Azubi“ war sprachlich eigentlich ziemlich neutral – aber nein, der musste weg, vermutlich zum Bier holen. Heute haben wir „die oder der Lernende“. Ein Begriff, der immerhin ehrlich ist: Er oder sie ist lernend – bis er oder sie das Lern-Ende erreicht hat. In der Deutschschweiz regelt man das pragmatischer: Man geht „in d’Stifti“, und damit hat sich die Sache. Dass ein „Stift“ in der Metallverarbeitung eine kopflose Niete ist, scheint niemanden zu stören.

Die Neutralisierung durch Partizipbildung führt zu Wortschöpfungen, die unfreiwillig an Begriffe erinnern, von denen wir uns eigentlich bewusst entfernt haben. Wenn aus einem Amazon-Fahrer plötzlich ein „Fahrender“ wird, landet man sprachlich in der Nähe eines Wortfeldes, das aus guten Gründen längst als sensibel gilt. Wir wollten ja gerade weg von Formulierungen, die historisch belastet oder pauschalisierend sind. Und nun entstehen Konstrukte, die unbeabsichtigt wieder in diese Richtung deuten – sogar so weit, dass plötzlich harmlose Dinge wie die Zigeunersauce ersetzt werden sollen, nur um durch Alternativnamen zu glänzen, die klingen wie „einen Fahren lassen“. Da hat dann wirklich niemand etwas gewonnen – weder sprachlich noch gesellschaftlich.
Brand, innen.
Feuerwehrleute heißen seit einiger Zeit „Angehörige der Feuerwehr (AdF)“. Diese Angehörigen muten dabei ihren eigenen Angehörigen – also den Angehörigen der Angehörigen der Feuerwehr – durch ihre ständige Einsatzbereitschaft oft einiges zu. Dabei war der ursprüngliche „Feuerwehrmann“ schlicht die Singularform von „Feuerwehrleute“. Genau wie bei Kaufmann/Kaufleute oder Hauptmann/Hauptleute. Die Kauffrau funktioniert noch halbwegs – aber bei den Offizieren wird’s heikel: „Hauptfrau“ ist historisch besetzt: Nofretete war die Hauptfrau des Pharaos Echnaton, und die hatte definitiv mehr zu sagen als irgendein Leutnant. Aber stell dir mal vor, du sprichst eine Frau Hauptmann so an. Da gibt’s direkt ein Diszi – und zwar in genderneutraler Schriftform.
Fazit
Wir werden wohl noch viele Sprachverwurschtelblitzdingsmomente erleben. Währenddessen schauen wir neidisch ins Angelsächsische: Singular him/her, Plural they – fertig. Kein Binnen-I, kein Doppelpunkt, keine Konsonantenvergewaltigung.
Vielleicht wären wir alle ein bisschen entspannter, wenn wir uns daran erinnern würden, wozu Sprache eigentlich da ist: Damit Menschen einander verstehen – und nicht, damit Word beim Tippen aussieht wie ein weinender Clown, der erfolglos versucht, deine Pronomen zu raten.

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