Also steh ich da, am frühen Morgen, mit Mixer in der einen Hand, Bananenschale in der anderen, und pul wie ein Idiot an diesem Sticker rum, damit mein Bio-Müll auch wirklich Bio bleibt. Da denkst Du: So, jetzt machst Du was Gutes für Dich und die Umwelt – und wirst im gleichen Atemzug von der Realität geohrfeigt.

Während ich also mit einem halben Quadratzentimeter Plastik kämpfe, sehe ich im Kopf den Bauern in Südamerika: barfuß im Feld, Sonne im Nacken, der auf Bio setzt, weil er glaubt, damit seine Familie besser durchzubringen. Keine Pestizide, ehrliche Handarbeit, Nachhaltigkeit von der Wurzel an. Seine Banane reist tausende Kilometer übers Meer, landet im Bioladen – und wird dort von westlicher Ingenieurskunst „veredelt“: ein Mikroplastik-Aufkleber, fest wie Epoxidharz.

Damit ist die Schale offiziell Sondermüll.

Der Kompost freut sich nicht, die Umwelt auch nicht. Aber Hauptsache, wir wissen, dass diese Banane die Zertifikatsprüfer-Elite überstanden hat: Inspektoren, die mehr Flugmeilen sammeln als die Banane selbst, und Excel-Tabellen, die sich über hunderte Seiten strecken, um zu bestätigen: Jawohl, es ist eine Banane.

Das Siegel-Gewitter auf dem Aufkleber ist die eigentliche Frucht: EU-Bio, Fairtrade, Rainforest Alliance, GlobalG.A.P. – eine ganze Öko-Formel-1. Jeder Sticker ein Triumph des Marketings über die Vernunft. Die Ironie: Wir wollten eine saubere Alternative. Bekommen haben wir ein Produkt, das in der Theorie „nachhaltig“ ist, in der Praxis aber nicht mal mehr im Garten verrottet.

ℹ️
Bio – mehr Schein als Sein?

Bio klingt nach Reinheit, Natürlichkeit und „alles ist gut“. Die Realität ist etwas nüchterner: Es gibt genug Bücher und Studien, die zeigen, dass Bio in erster Linie ein Geschäftsmodell ist. Zertifizierungen sind teuer, die Anforderungen kompliziert, und am Ende brauchen viele Bauern trotzdem Chemikalien – nur eben andere, oft weniger effiziente, manchmal sogar mit größerem Flächenbedarf.

Besonders skurril wird es bei den esoterischen Auswüchsen: Demeter etwa empfiehlt, Kuhhörner mit Mist zu füllen, sie bei Vollmond zu vergraben und die so gewonnene „Präparation“ homöopathisch über das Feld zu sprühen. Klingt wie Satire, ist aber Vorschrift.

Die Wahrheit ist bitter: Nicht die Banane ist Bio, sondern nur das schlechte Gewissen des Konsumenten.

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