Vom Basteln zum System
W. Edwards Deming hat diesen Kreislauf in die Wirtschaft getragen. Sein PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act) ist im Grunde nichts anderes als Basteln auf professionellem Niveau.
- Plan: die Idee formulieren
- Do: ausprobieren
- Check: messen, prüfen
- Act: verbessern und neu starten
Damit wurde Basteln anschlussfähig für Organisationen, die aus Versuch und Irrtum einen systematischen Wettbewerbsvorteil machen wollten.
Basteln und Prozessreife
Das Capability Maturity Model (CMM) beschreibt, wie Organisationen Schritt für Schritt ihre Prozesse professionalisieren. Vom Level 1 (Initial), wo Projekte noch stark vom individuellen Basteln Einzelner abhängen, bis hin zu Level 5 (Optimizing), wo der gesamte Zyklus institutionell verankert ist.
- Auf Level 1 ist Basteln oft chaotisch – jeder macht’s anders.
- Auf Level 2 und 3 wird Basteln strukturiert: Standards, Methoden, Wiederholbarkeit.
- Auf Level 4 und 5 wird Basteln systematisch zum Motor ständiger Verbesserung.
Das Schöne daran: Der Geist des Bastelns geht nicht verloren. Er wird nicht durch Bürokratie erstickt, sondern in einen Rahmen gesetzt, der aus Einfällen belastbare Ergebnisse macht.
flowchart TD A["Level 1: Chaotisches Basteln<br/>(Idee → Machen → Ergebnis)"] --> B["Level 2: Wiederholbarkeit<br/>(erste Standards, Dokumentation)"] B --> C["Level 3: Definiert<br/>(Prozesse, Methoden, Organisation lernt)"] C --> D["Level 4: Gesteuert<br/>(Messen, Prüfen, KPIs, ROSI/ROI)"] D --> E["Level 5: Optimierend<br/>(kontinuierliche Verbesserung, Basteln institutionalisiert)"] style A fill:#fef3c7,stroke:#f59e0b,stroke-width:2px style B fill:#d9f99d,stroke:#84cc16,stroke-width:2px style C fill:#a7f3d0,stroke:#10b981,stroke-width:2px style D fill:#93c5fd,stroke:#3b82f6,stroke-width:2px style E fill:#c4b5fd,stroke:#8b5cf6,stroke-width:2px
Freude am Prozess
Viele Unternehmen sehen Qualität als Kostenfaktor. Deming drehte das um: Gute Qualität ist gratis – vorausgesetzt, man ist bereit, in den Prozess zu investieren. Und genau hier kommt das Basteln wieder ins Spiel: Wer Freude daran hat, Dinge besser zu machen, entdeckt Qualität nicht als Bürde, sondern als Nebenprodukt.
Basteln als Haltung
Basteln ist keine kindliche Spielerei, sondern eine Haltung. Sie verbindet die Neugier des Tüftlers mit der Strenge des Ingenieurs und schafft den Nährboden für echte Verbesserung. Ob am Küchentisch oder in einer Softwareorganisation: Basteln ist der Anfang von allem – und Prozessreife ist nichts anderes, als diese Haltung auf die nächste Stufe zu heben.
Quellen und Lesetipps
- W. Edwards Deming: Out of the Crisis. MIT Press, 1986.
- W. Edwards Deming: The New Economics for Industry, Government, Education. MIT Press, 1993.
- Capability Maturity Model (CMM): SEI / Carnegie Mellon
- Mary & Tom Poppendieck: Lean Software Development: An Agile Toolkit. Addison-Wesley, 2003.
- Kent Beck: Extreme Programming Explained. Addison-Wesley, 1999.
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