TECC

Wenn man zum wiederholtesten Mal einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht hat und jedes Jahr zum BLS-Refresher muss, fragt man sich irgendwann, ob da nicht noch eine weitere Stufe kommt. Angeregt durch Berichte von Kriegsreportern, habe ich nach dem Tactical Emergency Casualty Care (TECC) Kurs gesucht und bin an der Fachschule Schutz & Rettung Zürich fündig geworden. Für die Teilnahme an dem zweitägigen Kurs sind etwa 1000 CHF fällig, die die meisten Teilnehmer von ihrem Arbeitgeber bezahlt bekommen. Ich habe dies aus eigener Tasche bezahlt, und entsprechend hoch waren meine Erwartungen.

Die meisten Teilnehmer waren Polizisten und Rettungssanitäter; eine Notärztin und einschließlich mir zwei Feuerwehrleute. Etliche der Polizisten waren aus Interventionseinheiten, also polizeiliche Spezialkräfte, die auch in der entsprechenden Ausrüstung auftraten. Es war also durchaus schon ein Abenteuer, mit diesen Kollegen in einem Team zusammenzuarbeiten.

Die durch die Bank sehr kompetenten und erfahrenen Ausbilder hatten den typischen Humor, der den Rettungskräften eigen ist. Dementsprechend war auch die Atmosphäre im Kurs sehr locker und entspannt.

Übung macht den Meister

Neben ausführlichen Theorielektionen war der Fokus hauptsächlich auf der Praxis. Luftröhrenschnitte übten wir an Schlachtabfällen, Venenzugänge untereinander und Atemwegssicherung mit Nasopharyngealtuben an uns selber. Etliche Einsatzübungen spielten immer das ganze Szenario durch; Polizisten in Schutzkleidung mit MP stellten die Sicherung dar und koordinierten die Rettungskräfte. Ausgestattet mit ballistischer Schutzkleidung (Helm und Weste), Tasche mit Tourniquets und anderem Traumamaterial durften wir nach Verletzten suchen, die von Mitarbeitern der Fachschule überzeugend dargestellt waren. Stress wurde gezielt und realitätsnah simuliert: Einige Übungen fanden im Dunkeln statt, die einzige Lichtquelle war ein Knicklicht am Körper. Gleichzeitig ertönten Schreie, simulierte Schüsse, Stimmengewirr und dichter Nebel – akustische und visuelle Reizüberflutung, wie sie in einer echten Einsatzlage vorkommen kann. Die Verletzten-Darsteller spielten ihre Rollen überzeugend, inklusive Panik, Stille oder irrationalem Verhalten. Ihre Wunden waren täuschend echt geschminkt.

Es kostet Überwindung, bei einem schreienden oder zuckenden Menschen unter Stress Kleidung zu öffnen, Blut zu ignorieren und mit den Fingernägeln nach Einschusslöchern oder offenen Wunden zu suchen. Diese Hemmschwelle wird in der Übung greifbar – und genau deshalb ist sie so wertvoll.

Besonders beeindruckt hat mich die Zusammenarbeit mit den Polizisten aus Spezialeinheiten. Nach außen wirken sie hart, ruhig und fokussiert – aber im Miteinander sind sie erstaunlich entspannt, sympathisch und ausgesprochen teamfähig. Kein übertriebener Habitus, keine Härte um der Härte willen – sondern Professionalität mit Haltung. Vermutlich ist genau das auch Teil des Auswahlverfahrens: Nicht nur körperliche und taktische Fähigkeiten, sondern die Fähigkeit, unter Druck ruhig und menschlich zu bleiben.

Einige Übungen bringen jeden an seine Grenze: die Polizisten beim medizinischen Teil, die Sanis beim körperlichen – und mich sowieso. Aber das ist okay. Fehler werden sachlich besprochen, und wie immer bei der Ersten Hilfe gilt:

Wirklich falsch ist nur, nicht zu helfen.

Bei der abschließenden Prüfung wird dann jeder einzeln rangenommen; Teamarbeit ist hier nicht mehr vorgesehen. Ich darf durchs Atemschutzlabyrinth kriechen und parallel medizinische Aufgaben lösen, während mir Fragen gestellt werden wie: „Wer war US-Präsident während des Zweiten Weltkriegs?“ Eine Ausbilderin, die sicher mehr als 80kg auf die Waage bringt, begleitet mich zum nächsten Posten, bleibt plötzlich stehen und erklärt, sie sei verletzt – und müsse jetzt zwei Stockwerke hochgetragen werden. Autsch. Mein Rücken. Beim nächsten Mal nehme ich den SEK-Kollegen als Tragehilfe mit.

Fazit

Der Kurs war intensiv, fordernd und realitätsnah. Ich habe viel gelernt – über Erste Hilfe, über Teamarbeit und über meine eigenen Grenzen. Ich bin mit Respekt reingegangen und kam mit blauen Flecken, neuen Skills und einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen wieder raus. So hart das Training war – ich würde es sofort wieder machen.

Karsten nach TECC
Nach absolviertem Kurs wurde ich mit einem Badge versehen um als taktischer Ersthelfer erkennbar zu sein.