Koblenz wartet nicht auf dich

Koblenz wartet nicht auf dich

May 29, 2025·
Karsten

Als ich das erste Mal mit Confluence gearbeitet habe, dachte ich: „Na gut, ein Wiki mit GUI. Wird schon gehen.“ Falsch gedacht. Confluence ist kein Wiki, es ist ein WYSIWYG-basiertes UX-Rätsel mit Jira-Anbindung.

Man beginnt mit einem Absatz. Dann kommt ein Makro. Dann ein Layout-Grid. Plötzlich hat man sieben Spalten, ein „Expand“-Element und ein Kalender-Makro, das niemand braucht. Formatierungen verhalten sich wie beleidigte Katzen: manchmal springen sie an, manchmal nicht, und wenn du versuchst, sie zu streicheln, kratzen sie dein gesamtes Seitenlayout zusammen.

Codeblöcke? Tabs tot. Farben weg. Syntax-Highlighting errät die Sprache anhand deiner Laune. Und wehe dem, der versucht, in einem Absatz einen Link zu setzen und daneben fett etwas zu schreiben. Der Editor entscheidet dann, dass du ab jetzt in einer Tabelle arbeitest.

In der iX las ich vor Jahren einen bemerkenswert klarsichtigen Absatz, den ich nie vergessen habe:

„Ein [gravierendes] Beispiel für eklatante Designfehler stellt die […] WYSIWYG-Textverarbeitung dar. Sie beruht auf der vollständigen Aushebelung einer Rollenteilung, die sich in der Erstellung von Schriftstücken seit Jahrhunderten bewährt hat: Der Autor als Inhaltsexperte, der Textsetzer als Formexperte, der Leser als Konsument. Die Dokumente befinden sich in einem permanenten Mischzustand zwischen Erstellung, Drucklegung und Lektüre. […] Das Ergebnis ist ein laienhaft gesetztes Dokument. Weil Form und Inhalt nicht getrennt sind, bereiten Versionierung und parallele Bearbeitung […] große Schwierigkeiten.“

Und das ist genau der Punkt: Markdown, LaTeX, AsciiDoc trennen Inhalt und Darstellung. Ich schreibe, was ich sagen will. Die Formatierung kommt beim Export. Bei Confluence ist das wie bei Kindern, die mit Edding auf die Tapete schreiben: Es sieht am Anfang harmlos aus, aber irgendwann wird klar, dass der Text nie mehr in einen ordentlichen Zustand zurückkehrt.

Ich weiß: viele lieben Confluence. Besonders Menschen, die auch PowerPoint mit WordArt als Designwerkzeug nutzen. Für Entwickler ist es aber ein Albtraum: kein echtes Versioning, kein diffbarer Text, Copy-Paste als wichtigster Interaktionsmodus. Und „automatisch gespeichert“ heißt eben nicht „rückgängig“.

Fazit

Wer einmal ein ordentliches LaTeX-Dokument oder ein klar strukturiertes Markdown-Wiki gesehen hat, versteht: Confluence ist ein Werkzeug, das vorgibt, professionell zu sein, aber in Wirklichkeit nur ein verkapptes Word mit Jira-Verknüpfung ist.

Ich speichere lieber meine Texte in Git. Da weiß ich wenigstens, wer sie wann kaputtgemacht hat.